,

Anker bergen / an Boje anlegen

 

Sailteam.ch

Dan Sennhauser , Skipper , RYA – Yachtmaster

Tutorial für den News-Letter November 2020 von Sailteam.ch

In diesem Newsletter beschäftigen wir uns mit folgenden Themen:

Anker bergen

In den vorhergehenden Newsletters haben wir gelernt, wie man ein richtiges Ankermanöver plant, vorbereitet und durchführt. Ebenfalls lernten wir, was bei einem Dinghi alles zu beachten ist und worauf wir bei einer Landfahrt mit dem Dinghi besonders achten müssen.

Bild: sailteam.ch

auch wenn es noch so schön ist in dieser Ankerbucht ……

Wir wollen diesen Ankerplatz auch wieder ohne Probleme verlassen:

Den Anker bergen

Auch hier gilt, wie immer:
Alle Manöver werden vorgängig besprochen, Handzeichen verabredet. Handzeichen so geben, dass diese vom Steuermann/frau auch gesehen werden können! Dann muss auch beim Ankerbergen nicht laut geschrien werden! Es bewährt sich auch, beim Mast, also Mittschiffs, einen „Übersetzer/Übersetzerin“ zu platzieren: diese/r kann dann die Kommunikation zwischen Steuermann/frau und Ankermann/frau in die entsprechende Richtung weiterleiten

  1. Den Motor starten und etwas erhöhtes Standgas einstellen (ca. 1000 UpM.)

Beim Bergen des Ankers braucht die Ankerwinsch sehr viel Strom und es besteht die Gefahr, dass die Sicherung rausspringt. Deshalb: Motor im Leerlauf laufen lassen mit leicht erhöhter Drehzahl!

Anker auf mit Ankerwinsch: (engl. : „windlass“ )

  1. Nach Möglichkeit so fahren, dass die Kette immer genau von vorne auf die Bugrolle läuft. Die Ankercrew gibt dem Rudergänger Zeichen, in welche Richtung gesteuert werden soll und ob wenig Vorwärtsschub oder Rückwärtsschub zur Unterstützung gewünscht ist. Die Yacht darf die Ankerkette nicht „überfahren“! Das Schiff wird nicht mit der Ankerwinsch nach vorne gezogen, sondern wir fahren mit Motorenhilfe zum Anker, so dass die Ankerwinsch möglichst wenig belastet wird.
  2. Falls der Anker auf dem Grund „klemmt“ (z.B. zwischen zwei Felsklötzen) : Anker mit Crew auf dem Vorschiff „Kurzstag nehmen“ und dann mit der gesamten Crew ins Cockpit laufen. Hilft das nicht, vorsichtig Vorwärts-Schub und schräg (ca. 40 – 50 ° Winkel) von Anker wegfahren: so drehen wir den Anker aus seinem „Versteck“ heraus. Achtung: Beschädigungsgefahr des Ankergeschirrs! Deshalb Kette mit Leine (Hahnepot) an Klampe festmachen: dann wirkt der recht kräftige Zug von der Ankerkette auf die Klampe und nicht auf die Ankerrolle!
  3. Besser: tauchen (lassen)! Der Taucher kann eine evtl. fehlende Trippleine am Vorderende des Ankers (kurze Stange zwischen den Schaufeln) festmachen, und dann wird es möglich sein, den Anker rückwärts aus seinem „Versteck“ rauszuziehen mit Dinghi oder einem zugezogenen Motorboot (ein zugezogener Taucher und/oder ein Motorbootfahrer – evt. Fischer – macht das aber nicht gratis- zuerst Preis abmachen!)
  4. Meldung: „Anker frei“ (Handzeichen ist bereits vorher vereinbart) in dem Moment,  wo der Anker keine Bodenhaftung mehr hat. Ab jetzt hat der Steuermann die „Macht“ über das Schiff.
  5. Meldnug: „Anker geborgen“  – auch dieses Handzeichen ist vorgängig vereinbart – erst dann, wenn er wirklich komplet geborgen ist.

    Bild: sailteam.ch

    jetzt erst kommt die Meldung: „Anker geborgen“ – hier ein Pflugscharanker

Achtung: Beim Einholen des Ankers entsteht im Ankerkasten oft ein „Kettenturm“ (resp. eine „Ketten-Pyramide“) – dies v.a. bei kleineren Ankerkästen. Dieser „Kettenturm“ muss evtl. von Hand oder mithilfe des Bootshaken umgestossen werden! Ansonsten kann sich die Kette im Durchlass zwischen Deck und Ankerkasten einklemmen, und das ist oft sehr schwierig zu lösen!

Vorsicht:
Die Ankerwinsch muss bei allen Eingriffen in den Bereich von Kette und Winsch unbedingt stillstehen! Höchste Unfallgefahr! Ankerhandschuhe tragen!

Defekte Ankerwinsch: falls mal die Ankerwinsch ausfällt, was durchaus passieren kann, bleibt uns nichts anderes übrig, als Kette und Anker von Hand zu bergen. Dazu bindet man eine Leine mit einem Stopperstek an die Kette, dann kann eine zweite Person mithelfen, die Kette und den Anker zu bergen. Der Stopperstek muss dann nach ca. jedem Meter nachgeschoben werden.

An eine Boje anlegen

Bild: sailteam.ch    Bucht „Lovisce“ auf er Insel Scedro, südlich von Hvar           eher etwas enge Platzverhältnisse!

Was gibt es schöneres als ruhig und sicher an einer Boje zu hängen…. ?

Planung:

Bevor wir an eine Boje anlegen, interessieren uns eine Reihe von Informationen, die wir im Voraus aus Seekarte, Revierführer und Beobachtungen gewinnen können.

  1. Handelt es sich bei der ausgewählten Boje tatsächlich um eine Festmacherboje oder ist es vielleicht nur eine Markierungsboje?
  2. Handelt es sich um eine Privatboje, an welcher wir nicht festmachen dürfen?
  3. Wie sind die Platzverhältnisse? Sind die Abstände der Bojen untereinander gross genug und hat es genügend Paltz zum schwojen? (Küste, Felsen, Untiefen?)

    Bild: sailteam.ch         Arisaig, Nordwestschottland

    genügend Abstand zwischen den Bojen, sowie geügend Abstand zum Ufer oder zu Untiefen und viel Platz zum Schwojen

  4. Gibt es eine Vorschrift, wie das Boot an der Boje zu belegen ist?
  5. Ist die Boje gebührenpflichtig?
  6. Hat die Boje oben einen Festmacher – Ring?
  7. Ist es eine kleinere leichte Boje die von Hand angehoben werden kann oder handelt es sich um eine grosse schwere Boje, die sich nicht hochheben lässt?
  8. Gibt es eine Pick-up Leine? evtl. mit einer kleinen Pick-up Boje ?
  9. Wollen wir die Boje rückwärts oder vorwärts anfahren?
  10. Gibt es Gezeiten, welche berücksichtigt werden müssen ( es gibt Bojen, an denen man bei Nichtbeachten der Gezeiten trockenfallen könnte)
  11. Verankerung der Boje: das können wir oft nicht vorgängig wissen. In warmen Gewässer am besten mit Taucherbrille nachträglich kontrollieren. Oft finden wir aber auch entsprechende Hinweise im Revierführer.

    Bild: sailteam.ch   Bojenbucht Stupica auf der Insel Zirje

Mit dem Heck an die Boje oder mit dem Bug?

1. Rückwärts anfahren:

 Vorteile :

a) Rückwärts kann das Boot sehr gut im Wind gehalten werden: Das Heck steht im Wind, der Bug verhält sich wie eine Windfahne – bleibt also in Windrichtung                                         

b) Die Boje (resp. der Bojenring) kann vom Heck aus (Badeplattform) sehr einfach gefasst werden!

c) Schwere Bojen : diese können nur vom Heck aus „bedient“ werden (ausser sie hat eine Pick-up-Leine mit evtl. einer Pick-up-Boje / siehe weiter unten)                                                                

d) Der Steuermann sieht beim Rückwärtsanlegen die Boje und kann diese sehr präzise ansteuern  

Vorbereitung:

1.Eine lange Bugleine  aussen an der Reeling entlang des Seitenbords bereit machen und bis zum Heck führen

2. Eine Heckleine bereit machen

3. Bootshaken bereithalten.

4. Crew einteilen

Manöver:

1. Mit dem Wind genau im Heck die Boje langsam rückwärts ansteuern

2. kurz vor der Boje das Boot aufstoppen und von der Badeplattform aus das lose Ende der langen Bugleine durch den Ring der Boje ziehen. Evtl. Bootshaken zu Hilfe nehmen um Boje zu fassen und heranzuziehen (jetzt Schraube unbedingt still stellen: Getriebe also auf neutral!)

3. Die lange Bugleine wird nun vom Heck zum Bug geführt und eingeholt. Dabei dreht sich das Boot langsam mit dem Bug in den Wind. Da hierbei oft recht starker Zug auf der Leine sein kann, am besten zu zweit!

bessere Variante: Boot zuerst mit einer Heckleine an Boje festmachen und erst anschliessend in aller Ruhe die lange Bugleine durchziehen. Heckleine langsam fieren, gleichzeitig lange Bugleine dicht nehmen. Mit dieser Mehode, können wir der langen Bugleine viel Zugkraft wegnehmen – wir können mit dem langsamen fieren der Heckleine die Drehung des Schiffes verlangsamen.

Nachteile des Rückwärts anfahren: es braucht mehr Platz zum manövrieren als beim vorwärts anlegen, und es besteht ein gewisses Risiko: Schraube in Bojen – Mooringleine! Deshalb wichtig:      sobald wir bei Boje sind: auskuppeln

2. Vorwärts anfahren

Falls die Platzverhältnisse es nicht erlauben rückwärts anzufahren, muss die Boje vorwärts angefahren und vom Bug aus mit Bootshaken gefasst werden.

Je höher das Freibord am Bug, umso schwieriger ist diese Variante und ist sicherlich nicht die erste Wahl. Bei etwas stärkerem Wind wird es noch schwieriger, da der Bug, sobald das Boot still oder fast still steht, abdriften wird und der/die Bugmann/frau die Boje nur mit viel Geschick und etwas Glück mit dem Bootshaken einfangen kann. Auch der Einsatz des Bugstrahlruders ist heikel, da die Bojen-Mooringleine in den Propeller eingezogen werden kann!

Risiko: Verlust des Bootshakens! / über Bord gehen der/des Bojenfrau/mann`s

Vorbereitung: Bugleine, Bootshaken, Bugmann/frau bereit, Handzeichen sind vereinbart

Manöver:

  1. Der/die Bugmann/frau zeigt auf die Boje, denn der/die Steuermann/frau kann diese auf den letzten paar Metern nicht mehr sehen.
  2. Mit dem Bug in den Wind so langsam wie möglich die Boje anfahren.
  3. Ein Crewmitglied gibt Zeichen, wenn die Boje in Reichweite des Bootshakens ist.
  4. Den Ring der Boje mit Bootshaken fassen. Boje hochheben
  5. Die vorbereitete Bugleine durch den Ring der Boje wieder an Bord zurückführen und belegen.

einfacher ist es natürlich bei Bojen mit einem langen Stab mit Ring:

Bild. sailteam.ch Boje mit verlängertem Mittelstab mit Ring

Falls die Boje zu tief ist und durch das hohe Freibord nicht gefasst werden kann, ist es möglich, eine lange Leine über die Boje zu werfen und die Boje so zu fassen. (Gleiche Wurftechnik wie beim „Leine über einen Pfahl“ werfen)   – sog. „Lassomethode“

Weitere Gründe eine Boje vorwärts anzufahren:

Im Bootshandel gibt es auch sog. „easy-catch“ (Bojenfänger):  da muss man mit dem „Fass-Ring“ vorne am Stab den Bojenring erwischen, einklicken und fertig ist das Manöver! Natürlich eine sehr elegante Lösung. Bei Abdrift, verursacht durch den Wind,  werden wir aber auch mit dieser Technik Mühe haben, den Bojenring zu fassen.

Bild sailteam.ch Boje mit Pick-up-Boje

Eine Boje mit Pick-up-Leine unbedingt vorwärts anfahren. Bei Vorhandensein einer solchen Leine (evtl. verbunden mit einer kleinen Mini-Boje) ist es recht einfach, vom Bug aus diese Pick-up Leine mit Hilfe des Bootshakens zu fassen. Diese Leine kann dann sofort an der Klampe belegt werden:

 

Bild sailteam.ch diese Boote hängen an der Pick-up-Bojen Leine!

 

3. an der Boje definitv festmachen:

Sobald wir an der Boje festgemacht haben, schauen wir die Boje genau an, um festzustellen wie der Zustand der Boje ist. Je nach Boje ist es am sichersten, eine neue (zweite) Festmacherleine am Ring unter dem Bojenkörper durchzuziehen und zu belegen. In Kroatien wird das überall empfohlen!

Am besten verwendet man zwei Leinen: Eine auf jede Bugklampe:

Bild sailteam.ch zwei Leinen, je auf ein Klampe, festgemacht am unteren Bojenring

In warmen Gewässern ist es sinnvoll, mit einer Taucherbrille zur Boje hinzuschwimmen und diese genau zu inspizieren. Gerade in Kroatien gibt es oft sehr schlecht gewartete Bojen. Wehe es kommt in der Nacht eine Bora auf und wir hängen an einer schlecht gewarteten Boje!

Bild:sailteam.ch Festmacherleine am unteren Bojenring bietet viel mehr Sicherheit

Der Stab, der durch die Boje hindurch geht, ist oft rostig und hat eine unzuverlässige Haltekraft!

Der Festmacher sollte ausreichend lang gewählt werden. Nach unserer Erfahrung sollte er ca. 3,5 m betragen, je nach Höhe des Freibordes.  Das vermindert das Risiko, dass die Boje am Boot dauernd „anklopft“!

Wenn die Boje „anklopft“:

Gerade bei Windstille kommt es häufig vor, dass die Boje gegen die Bordwand klopft… der Schlaf, insbesondere in den Bugkojen,  wird uns geraubt! Durch Strömung oder Kabbelwasser verursachte, leichte Bewegungen reichen aus, um die Nachtruhe zu stören.
Eine bewährte Methode besteht darin, abends einen Kranz aus Fendern, oder einen Schwimmreifen um die Boje zu legen – schon ist Ruhe und der Schlaf ist gesichert.

Es können aber auch zwei Fender quer um den Bug gehängt werden – auch das hilft!

Von Boje ablegen:

Sobald der/die Bugmann/frau das Zeichen „Leine los“, gegeben hat, zieht der/die Steuermann/frau das Boot rückwärts, bis er/sie die Boje selbst sieht. Somit umgeht man beim Ablegen die Gefahr, in die Boje reinzufahren und mit der Schraube die Bojen-Mooringleine einzufangen!

Wir wünschen allen Freunden von Sailteam.ch viel Spass bei Eurem nächsten Aufenthalt in einer Bojenbucht
In den kommenden Tutorials beschäftigen wir uns mit Hafenmanövern

Dan Sennhauser

 

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert